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Das alte Mesnerhaus in Weitensfeld

Das Mesnerhaus neben der Pfarrkirche in Weitensfeld war nicht nur Wohnstätte des Mesners und Organisten, sondern diente bis 1874 auch als Schule.

Arbeiter begannen am 24. Juni 1970 mit dem Abriss eines traditionsreichen Gebäudes in Weitensfeld. Es handelte sich um das Mesnerhaus neben dem Torturm der Pfarrkirche. Das baufällige Gebäude mit der rotbraunen und im ersten Stock weißen Fassade war somit Geschichte.

Im Mesnerhaus befand sich bis 1874 die Weitensfelder Schule. Sie wurde schon 1554 erwähnt. 1599 suchte die Pfarre einen neuen Lehrer und Mesner, weil der gegenwärtige Schulmeister wegen einer Erkrankung nicht in der Lage war, die Schüler zu unterrichten. Die Schüler blieben dem Unterricht fern. 1613 wurde Niclas Bernhart Schulmeister. Er war auch der Marktschreiber in Weitensfeld.

Schulen wurden damals fast durchwegs von kirchlichen Einrichtungen betrieben. In Weitensfeld war der Mesner meist auch Lehrer und Organist. Viele Lehrer auf dem Land hatten keine adäquate Ausbildung. Oft genügte es, gut lesen, schreiben, rechnen und etwas musizieren zu können.

Der Schulraum befand sich im ersten Stock des Mesnerhauses neben dem „Dreschbarren“. Primus Humnig, Pfarrer in Weitensfeld von 1837 bis 1856, beschrieb das Gebäude in seinen Aufzeichnungen: Das Erdgeschoss bestand aus einem beheizbaren Zimmer, einer Küche, einer Kammer und dem Stallbereich. Die Schule war für die Kinder in der gesamten Pfarre zuständig, mit Ausnahme der Bergbauernkinder von Massanig. Am Sonntagvormittag gab es Wiederholungsunterricht für nicht mehr schulpflichtige Interessierte. Dem Mesner wurden von der Pfarre auch ein Garten und zwei Äcker zur Verfügung gestellt. Beim letzten Großbrand im Markt Weitensfeld 1814 blieb das Mesnerhaus verschont.

Lehrer und Organist von 1820 bis 1822 war der Komponist Josef Gschwandl, geboren 1799 in Gmünd in Oberkärnten. Er erhielt schon früh Musikunterricht, absolvierte in Villach die Lehrerausbildung und begann 1819 seine Berufslaufbahn als Musiklehrer in Molzbichl. 1822 wurde Gschwandl Lehrer und Organist in Gurk. Ab 1835 war er Organist in St. Veit an der Glan und später bei den Kapuzinern in Klagenfurt. Er komponierte liturgische Gesänge und andere kirchliche Werke, darunter mehrere Messen. Dazu kamen Konzerte, Variationen, Sonaten, Terzette und Chöre. Gschwandl sammelte auch Volkslieder und verfasste Kärntnerlieder. In einer zeitgenössischen Quelle wird Gschwandl „Fleiß und gutes Betragen“ zugemessen, erwähnt sind aber auch „Trunkenheitsexzesse und Beschwerden über Unzuverlässigkeit beim Ausüben seiner Organistentätigkeit“.

Um 1840 wirkte als Lehrer und Mesner Lorenz Dugulin in Weitensfeld. Er hatte einen Schulgehilfen, der aus der Marktkasse bezahlt wurde.

Schulreform 1869

Mit dem Reichsvolksschulgesetz vom Mai 1869 wurden die Schulen zu öffentlichen Anstalten und von der Kirche unabhängig. Für die Verwaltung der neuen Schulen wurden in den Gemeinden Ortsschulräte gewählt. Der erste Ortsschulrat in Weitensfeld bestand aus dem Gutsbesitzer Wilhelm Gorton, dem Uhrmachermeister Jakob Raßler, dem Chyrurgen Leopold Seywald, dem Landwirt vlg. Huber in Massanig Mathias Mitterdorfer und dem Gastwirt und Realitätenbesitzer Gottfried Herzele. Der Pfarrer übergab dem Ortsschulratsobmann die Schulschriften und das Inventar des  Klassenraums, bestehend aus zwölf langen Schulbänken, einer kurzen Bank, zwei Schreibtafeln, einer Rechentafel, einem Tisch, zwei Sessels, dreizehn Wandtafeln, fünfzehn landschaftlichen Tabellen, einem Handatlas einer Karte von Österreich und einigen weiteren Gegenständen. Die Schulpflicht dauerte vom sechsten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Vorgesehen waren fünf Jahre Volksschule und drei Jahre Bürgerschule. Für die Ausbildung der Lehrer dienten vierjährige Lehrerbildungsanstalten.

Nach dem Inkrafttreten des Reichsvolksschulgesetzes blieb die Schule noch einige Zeit im Mesnerhaus. Für die Erhaltung des Schulraumes war aber nun die Gemeinde zuständig. Der Pfarrer erklärte sich bereit, den Lehrer im Mesnerhaus wohnen zu lassen, wenn dieser auch die Mesnerdienste übernahm.

Um 1869 kam der Lehrer Johann Korpnik nach Weitensfeld. Er war auch Organist und wurde Vorstand des neugegründeten Bezirks-Lehrervereins als Filiale des Kärntner Lehrervereins. Korpnik wurde um 1871 als Lehrer nach Tultschnig versetzt. Mesner wurde der Schneidermeister Lorenz Konrad; er bezog das frühere Wohnzimmer des Lehrers.

Der nächste Lehrer, Matthäus Kriebernig aus Steuerberg, wohnte nicht mehr im Mesnerhaus. Die Gemeinde mietete für ihn Wohnräume in der Glasererkeusche neben dem Bürgerspitalhaus an der Gurktal-Straße. 1872 wollte der Ortsschulrat von Weitensfeld die Mesnergrundstücke zugunsten des Schulfonds verpachten. Die Kirche brachte daraufhin eine Besitzstörungsklage ein. 1874 entschied das Landesgericht Klagenfurt, dass das Mesnerhaus und die Mesner-Grundstücke der Pfarre Weitensfeld gehören und nicht der Marktgemeinde.

Matthäus Kriebernig wurde als Lehrer nach St. Johann am Brückl versetzt. Die Schule wurde 1874 mit dem Inventar vom Mesnerhaus in das Kalsbergerhaus auf dem Marktplatz verlegt, wo eine Lehrerwohnung und zwei Klassenräume zur Verfügung standen.

Mesner und Organist um 1900 war Michael Lackner. Er stammte aus Hüttenberg und war mit einer Zweinitzerin verheiratet. Drei Kinder des Paares starben bei oder kurz nach der Geburt.

Das Pfarrhaus wurde 1906 renoviert. Im gleichen Jahr kam Josef Winkler als neuer Mesner und Organist nach Weitensfeld.

Im Mesnerhaus gab es immer wieder Untermieter („Inwohner“). Peter Wintschnig (* 1878, † 1964) betrieb hier eine Tischlerwerkstatt; sein Sohn Peter (*1910, † 1987) war Organist und Mesner in Weitensfeld. Im Mesnerhaus wohnten unter anderen Erna Reinsberger sowie Peter Buggelsheim mit seiner Mutter, bevor er ein Haus in der Zammelsberger Straße errichtete.

Der letzte Weitensfelder Mesner, der im Mesnerhaus wohnte, war Franz Höfferer. Seine Frau Linde, geb. Stark, stammte vom Bauernhof vlg. Flatt. Höfferer diente als Mesner unter den Pfarrern Thomas Klampferer (* 1882, † 1963) und Walter Reschenauer (* 1929). Nachdem Höfferer mit seiner Familie nach Treibach gezogen war, übernahmen der aus Rumänien stammende Wasyl Wepruk (* 1923, † 2012) und seine Frau Sofie, geb. Osternig (* 1924, † 1995), den Mesnerdienst in Weitensfeld. Das Ehepaar Wepruk wohnte mit ihren beiden Adoptivkindern nicht mehr im Mesnerhaus, sondern im unteren Hutererhaus, auch Mischkulnighaus genannt. Dieses Gebäude wurde 2008 abgerissen. Nachdem das Gemeindeamt nach der Gemeindenzusammenlegung 1973 in die Villa Spitzing gezogen war, bewohnte die Familie Wepruk das alte Gemeindehaus in der Marktstraße. Wasyl Wepruk diente drei Jahrzehnte lang als Mesner in Weitensfeld. Nach der Pensionierung zog er nach St. Veit/Glan; zuletzt lebte er im Seniorenheim in Straßburg.

Als in Weitensfeld der neue Pfarrhof errichtet wurde, sah man keine Verwendung mehr für das alte und baufällige Mesnerhaus, sodass der Abriss des Gebäudes beschlossen wurde.

Werner Sabitzer

Juni 21, 2023 Posted by | Bürgerhäuser in Weitensfeld, Das Gurktal - Geschichte und Geschichten | , , | Hinterlasse einen Kommentar